Sonntag, 28. Juni 2020

Derrick Folge 34: Ende des Wucherers (1977)

Der Kreditverleiher Minsch (Peter Kuiper) scheint ein wahrer Philanthrop und eine Seele von Mensch zu sein. Zu Beginn der Folge erlebt man ihn bei einem Telefongespräch, bei dem er lautstark einen säumigen Kunden zur Zahlung auffordert, eine Lohnpfändung androht und das Ansinnen des Kunden, den Vertrag wegen der offenkundig deutlich zu hohen Zinsen anzufechten schlicht verlacht.
Minschs Angestellte sind Erich Winterhammer (Gerd Baltus), der die Funktion eines Buchhalters wahrnimmt, und die debil wirkende Auszubildende Hilde Hensch (Agnes Dünneisen). Beide leiden unter ihrem Chef, der sie schlicht tyrannisiert. Eines Tages finden sie ihn erschlagen auf. Einge mittelgroße Menge Geld aus dem Tresor fehlt.
Frau Minsch (Ida Krottendorf) nimmt die Nachricht vom Tode ihres Angetrauten ohne große Trauer zur Kenntnis, auch ihre Mutter Frau Hecker (Ursula Grabley) zeigt keine Betroffenheit. Im Gegenteil: noch am gleichen Abend schmeißen beide kurzerhand eine Fete mit Freunden und lauter Musik. Herr Winterhammer macht derweil seiner jungen Kollegin, die er vor Wochen bei sich aufgenommen hat, teure Geschenke. Bei einem Konflikt mit zwielichtigen Gestalten aus der Vergangenheit der jungen Dame eilt Derrick zu Hilfe und prügelt sich gar mit einem der Ganoven.
Wieder einmal hat sich Reinecker das Themas 'Mord an einem Unsympathen' vorgenommen. Als potentielle Täter kommen die zahllosen Opfer dieses Menschen in Betracht. Gerd Baltus spielt einen permanent eingeschüchterten Kuscher, für den der unfreundliche metaphorische Begriff Fußabstreifer durchaus angemessen erscheint. Minsch selber wird zitiert, dass er diesen Mann angestellt habe, da er jemanden gebraucht habe, dem er in den Arsch treten könne.
Bemerkenswert ist, dass der sonst faire und rationale Derrick sich gegenüber Herrn Winterhammer sehr herablassend verhält. Der Oberinspektor fällt in dieser Folge jedoch mehrfach aus der Rolle. Recht interessant ist in dieser Hinsicht auch die Szene, in der Derrick und Harry die Party stürmen und Derrick aus seine moralische Kritik recht deutlich herauskehrt. Er wird von einigen Gästen energisch zurechtgewiesen, schließlich gehe ihn das nichts an. Auch der Faustkampf des Oberinspektors kann sich sehen lassen. All dies ergab sich unter der fachkundigen Regie von Zbynek Brynych.
Der Name "Minsch" erinnert phonetisch an "Mensch" und ist vielleicht ein bewusster oder unbewusster Hinweis auf die (sowohl bei ironischer als auch vielleicht gerade bei wörtlicher Lesart) besonders ausgeprägten menschlichen Eigenschaften des Protagonisten.

Perry Rhodan Band 300: Alarm im Sektor Morgenrot

Autor: K. H. Scheer
Erschienen: 1967
Rund 30 Jahre nach dem MdI-Krieg herrscht im Solaren Imperium relative Ruhe. Nur die Blues an der Eastside der Galaxis liefern sich hin und wieder Scharmützel. Zu Beginn des Roman lernen die Leser Perry Rhodans Tochter Suzan Betty kennen. Sie ist mit dem als Spinner angesehenen Physiker Geoffry Abel Waringer verheiratet. Ihr Zwillingsbruder Michael verschwand einst mit 24 Jahren nach seinem Studium, da er ein Leben im Schatten seines Vaters für wenig erstrebenswert hält und es aus eigener Kraft schaffen will.
Als der Kreuzer KOBE im terranischen Aufmarschgebiet Morgenrot nach einem Linearflug mitten in einer Raumschlacht der Blues erscheint und schwer beschädigt wird, eilt ihm das Raumschiff FRANCIS DRAKE des Freihändlerkönigs Roi Danton zu Hilfe. Die Freihändler werden im Imperium als eigenständige Organisation geduldet, jedoch im Hinblick auf ihre Gesetzestreue argwöhnisch beobachtet. Es kann ihnen kaum etwas vorgeworfen werden, da man den Handel mit primitiven Völkern, bei denen diese für ihre Rohstoffe angeblich nur Glasperlen und wertlosen Tand erhalten sollen, eher als Kavaliersdelikt betrachtet. So ist es kein Wunder, dass Atlan, der mit seinem Flagschiff IMPERATOR an den Ort des Geschehens eilt, die DRAKE einer Inspektion unterzieht. Hierbei wird nichts Verdächtiges gefunden. Es ist jedoch mehr oder weniger offensichtlich, dass bei der Rettungsaktion für die KOBE die geheimste Waffe des Solaren Imperiums zu Einsatz kam, die Transformkanone, die niemand sonst besitzen sollte.
Danton und seine Leute werden ziehen gelassen und gehen weiter ihrer Wege. Diese führen sie in das nach dem Freihändler benannte Rois System zum Planeten Rubin. Hier erwirbt Roi von den käguruhähnlichen Eingeborenen fleißig die für die Raumfahrt unentbehrlichen Howalgoniumkristalle. Darauf gründet sich sein Milliardenvermögen. Entgegen der gängigen Meinung besteht die Bezahlung nicht aus Tand, sondern aus hochwertigen Werkzeugen, Lastenkarren und anderen Gebrauchsgegenständen.
Rois Flug ist jedoch nicht unbemerkt geblieben, da man sich fragte, was er im Sektor Morgenrot zu suchen hatte, erscheint alsbald ein gemischter Flottenverband aus USO und Solarer Flotte unter Atlan und dem herbeigeeilten Perry Rhodan über Rubin. Es kommt zu einem Paralysatorgefecht zwischen den Soldaten des Imperiums und den Freihändlern und schließlich zu einem Degenduell zwischen Danton und Atlan.
Mittlerweile ist völlig unbemerkt von beiden Parteien ein gigantisches Objekt aus dem Hyperraum erschienen. Es wird befehligt von einem Koordinator und mehreren Sektionskommandanten. Diese wirken seltsam verwirrt, zwei von ihnen werden offen als "wahnsinnig" bezeichnet. Das Objekt wurde wohl in ferner Vergangenheit entsandt und soll dem Solaren Imperium militärische Hilfe bringen. Im Fall eines zwischenzeitlich erfolgten Untergangs des SI soll bei den verbliebenen Menschengruppen für Ordnung gesorgt werden. Als der Koordinator feststellt, dass sich auf einem Planeten im Sektor Morgenrot (einem Gebiet, in dem sich auf jeden Fall noch Menschen befinden sollten, deshalb hat man es angeflogen) zwei Menschengruppen bekämpfen, wobei dann auch noch primitive Stichwaffen eingesetzt werden, zieht er den Fehlschluss, dass die Anarchie ausgebrochen ist, die wildgewordenen Guerillatruppen bekämpft werden müssen und schickt eine seiner Plattformen zu einem Angriff aus. Diese schleust sagen und schreibe 840 Ultraschlachtschiffe terranischer Bauart aus, mehr, als die Galaxis je gesehen hat. Eine zweite Plattform, deren Kommandant als wahnsinnig gilt, schließt sich dem Angriff an.
Da nach Rubin kein Durchkommen mehr ist und sich einzig die FRANCIS DRAKE  auf dem Planeten befindet, müssen Perry Rhodan, Atlan und ihre Leute mit Hilfe Roi Danton die Flucht antreten. Beim Durchbruch durch eine Übermacht zeigt dieser, dass er nicht nur über Transformkanonen, sondern über eine überaus wirksamen neuartige Ladeautomatik verfügt. Zudem besitzt er einen HÜ-Schirm. Voll Dankbarkeit lässt man Danton nach erfolgter Rettung ziehen, der auf Nachfrage nur entgegnet, ein naher Verwandter habe ihn mit seinen technischen Errungenschaften ausgestattet. 
Bei einen Gespräch Danton mit seinem Leibwächter Oro Masut erfährt der Leser schließlich das Offensichtliche: Roi Danton ist in Wirklichkeit Michael Reginald Rhodan. Dieser ist zwar stolz sein auf seinen wirtschaftlichen Erfolg, glaubt aber, dass ein Multimilliardär eben noch lange kein Perry Rhodan sei und will sich in absehbarer Zeit noch nicht zu erkennen geben.
Ein spannender, wenngleich inzwischen uralter Roman, der am Anfang eines neuen Handlungsabschnittes steht und das Interesse des Lesers an nachfolgenden Romanen weckt.
Es gibt einige Aspekte, die aus heutiger Sicht antiquiert wirken. Da ist zunächst einmal der Personenkult um Perry Rhodan. Hier übertreibt Scheer wie gewöhlich. Für (nicht nur) heutige Leser schier unerträglich ist die Auftaktszene, in der ein junger Offizier der Abwehr Rhodans Tochter für dessen Geliebte hält (Aus dem weiteren Verlauf der Handlung ergibt sich ein durchaus lebhaftes Interesse an Klatsch und Tratsch im Solaren Imperium, sollte das Aussehen von Rhodans Tochter unter diesen Umständen nicht hinreichend bekannt sein?) und dementsprechend versucht, den mutmaßlichen Fauxpas seines Vorgesetzten zu verheimlichen. Er hält Julian Tifflor einen Strahler vor die Nase, um diesen daran zu hindern, den Chef in flagranti zu erwischen. Natürlich löst sich alles in Wohlgefallen auf. 
Ein Weltraumheld mit Perfektion ist zu allen Entstehungszeiten und Handlungszeiten in Ordnung (wenngleich die Perfektion nicht  zwingend notwendig ist), auch Commander McLane und Captain Kirk sind in ihren Funktionen perfekt. Das Gleiche gilt für andere Heftchenhelden wie Jerry Cotton. Aber muss der Weltraumheld unbedingt Politiker sein? Ein perfekter politischer Anführer hat einen etwas merkwürdigen Nachgeschmack. Zudem erinnert die Politik des Imperiums recht stark an Unterdrückung und Bevormundung. Nach heutigem Maßstab latenter Rassismus fehlt nicht, so werden die Blues einmal als "Tellerköpfe" und die Ureinwohner Rubins als "Rote" bezeichnet.
Roi Dantons Maskerade (Puder und Perücke) scheint wenig geeignet, seine Identität dauerhaft zu verschleiern, aber das ist bei Supermans Clark-Kent-Fassade auch der Fall. Solches ist man bereit zu akzeptieren. Danton macht hier gleichzeitig den Actionhelden und den Comic Relief, und das ist gekonnt ausgeführt. Von einer Sekunde zur anderen lässt er das affige Gehabe eines französischen Edelmannes des 18. Jahrhunderts sein und wird zum effektiven Raumschiffskommandanten des 25. Jahrhunderts. Die französischen Einsprengsel sind nur VHS-Kurs-Niveau, das ist schade, zumal Atlan im Spiel ist, der den echten Danton natürlich persönlich kannte. Ebenso kennt er das Französisch jener Zeit. Der Komiker vom Dienst Gucky fehlt in diesem Band wohlweislich, er tritt erst im übernächsten Band "Gestatten, Gucky und Sohn" von Darlton wieder auf.
Die Raumschlacht bietet beste Weltraum-Action. In der Hinsicht lässt Scheer nichts anbrennen. Das Rätsel um die noch völlig unbekannte Bedrohung wird perfekt inszeniert. Auch der nächste Band wird gut vorbereitet. (Absturz des Kreuzers BLACK HILLS unter Kriegsveteran Don Redhorse auf einer der Plattformen, ein Fall für Voltz)
Abgesehen von der Heldenbeweihräucherung gegenüber Perry Rhodan im Besonderen und den Terranern im Allgemeinen, die zu jener Zeit ausschließlich in den Scheer-Romanen typisch war ein sehr spannender und unterhaltender Roman aus der Frühzeit der PR Serie.

Dienstag, 13. Juni 2017

Derrick Folge 239: Der Schlüssel (1994)

Die späte Phase von "Derrick" ist berüchtigt dafür, dass sich die Folgen allzusehr in philosophischem oder psychologischem Geschwafel verlieren. Derrick-Monologe gibt es bei "Der Schlüssel" zuhauf, aber auch (sehr seltenes) ausgelassenes Gelächter, einen Hauch von Romantik sowie etwas Action. Das alles unter der Regie von Meisterregisseur Zbyněk Brynych.
Derrick erhält einen Anruf einer Frau, welche den Mord an Herrn Howald (Sky Dumont) ankündigt. Howald zeigt sich überrascht, doch wenig beeindruckt, als Derrick die Warnung an ihn weitergibt. "Nur Schwachköpfe haben keine Feinde.", so gibt er zu verstehen. Howald hat ein Verhältnis mit seiner Sekretärin ( Gundis Zámbó), über das seine Ehefrau (Sunnyi Melles) offensichtlich im Bilde ist.
Es kommt, wie es kommen muss, wenig später ist Howald tot. Es handelt sich um den fünften Mord in einer unzusammenhängenden Mordserie, woraus Derrick folgert, dass hier eine neue Art von Auftragskiller unterwegs ist. Auftragskiller waren im Jahr 1994 nichts neues mehr, aber hier sind typische Derrick-Fälle betroffen: neben einem schmierigen Kneipenbesitzer ist auch der seine Frau verachtende, wenngleich aber großbürgerliche Howald betroffen. Bei der Auftragsvergabe spielt auch der titelgebende "Schlüssel" eine angemessene Rolle. Pierre Franck spielt ausnahmsweise nicht den gestörten Gangster, sonder einen verdeckten Ermittler, der Derrick in dieser Hinsicht wertvolle Hinweise geben kann.
Es entspannt sich eine Art Romanze zwischen Derrick und Frau Howald. Diese und ihre Mutter gehören zu den Verdächtigen. 
Fazit: einige Derrick-Monologe über die Schlechtigkeit der immer mörderischer werdenden Welt, ein dazu passendes Lied von Frank Duval sowie einige skurrile Schnitte und Regieeinfälle von Brynych und der vielleicht emotionalste aller Derrick-Krimis mit einem sehr überraschenden Ende. Zuletzt versucht Derrick noch einmal den Motorhauben-Sprung wie in "Hoffmanns Höllenfahrt". Er hat Glück, dass er mit einer Schramme am Kopf davon kommt. Das Alter halt.

Mittwoch, 21. September 2016

Perry Rhodan Sekundärliteratur: "Der Computermensch" mit Materialien (1981)

Klett Lesehefte "Perry Rhodan - Der Computermensch mit Materialien" zusammengestellt von Rolf Kellner, in der Reihe: Lesehefte für den Literaturunterricht, in neuer Folge herausgegeben von Rainer Siegle und Jürgen Wolff, 1. Auflage 1982
Zielgruppe: 9./10. Klasse 


Mit dem vorliegenden Leseheft wurde im Jahr 1982 der Versuch unternommen, einen Doppelroman aus der Science Fiction Heftserie Perry Rhodan (seit 1961, fortlaufend, wöchentliche Erscheinungsweise) als Schullektüre aufzubereiten. Es handelt sich um den Doppelroman 1010/1011 Der Computermensch/Angriff der Brutzellen von Peter Griese. Da Inhalt und Qualität der beiden Romane durch Nachlesen der e-book-Ausgaben bzw. Nachschlagen in entsprechenden Quellen verifiziert werden können, sei hier nur auf den Erläuterungs- und auf den Materialteil eingegangen.

Auf der Umschlagseite befindet sich eine textspezifische "Kleine Leseanleitung". Neben der Aufgabe "Lies bitte den folgenden Perry-Rhodan Text zügig durch." finden sich hier Hinweise auf die bei Unterrichtsausgaben literarischer Texte üblichen Fremdworterklärungen sowie die Aufforderung, nicht serienspezifische Begriffe in einem normalen Lexikon nachzuschlagen. Hinsichtlich der Fremdworterklärungen wird auf die Lesehilfen ab S. 112 sowie auf die Artikel aus dem Perry Rhodan Lexikon ab S. 118 verwiesen.

Ein Hinweis auf den Autor der vorliegenden Romane findet sich nicht im Impressum, sondern lediglich auf einer Reproduktion der Rota-Seite des Romans Nr. 1010 "Der Computermensch. ("von PETER GRIESE, Exposé-Redaktion: K. H. Scheer und William Voltz") Die beiden Romane 1010 "Der Computermensch" und 1011 "Angriff der Brutzellen" sind in leicht verkürzter Form im heftromanüblichen Spaltendruck wiedergegeben, beide Titelbilder sind in schwarz/weiß abgedruckt, eine Innenillustration ist vorhanden, ebenso die Vorschau auf Band 1012. Rota-Seite und Hauptpersonen-Kästchen sind nur bei Band 1010 berücksichtigt, da sie sich vermutlich von ihren Entsprechungen in Band 1011 nur rudimentär oder gar nicht unterscheiden.

"Mehr als 400 Jahre sind seit dem Tag vergangen, da Perry Rhodan mit der BASIS* von einem der schicksalsschwesten Unternehmen in den Weiten des Alls in die Heimatgalaxis* zurückkehrte und auf der Erde landete." (S. 5.)
Worterklärung, S. 112 BASIS Name des Raumschiffs von Perry Rhodan
Worterklärung, S. 113 Heimatgalaxis s. Lex. [siehe Lexikon] unter dem Stichwort 'Galaxis'

Nach den beiden Romantexten unter den Ordnungspunkten 1 und 2 beginnt der Erläuterungsteil. Ordnungspunkt 3 fasst "Die Handlung der Hefte 1 bis 1000" zusammen. Der Text entstammt einer Verlagsbroschüre. Auf eineinhalb Seiten werden wesentliche Handlungslinien aufgeführt, ohne dass man sich in Einzelheiten verliert. 

Ordnungspunkt 4 befasst sich mit Risszeichnungen. Zwei Seiten Skizzen und eine Seite Beschreibung entfallen auf "Das Raumschiff des Perry Rhodan", wobei dessen Name, SOL, nicht erwähnt wird. Die zweite Risszeichnung ist ein "Stratosphärengleiter Typ SSFV - RT 73/1C" (eine Seite Skizze, eine Seite Beschreibung). Die dritte Risszeichnung entstammt nicht den Perry Rhodan Heften, sondern dem Spiegel (Nr. 14/81 vom 30.3.1981) Die Überschrift lautet "Space Shuttle 1980 - Mit der Kraft von 40 Jumbo-Jets ins ALL", auf zwei Seiten finden sich eine Skizze sowie zwei comicartige Darstellungen eines  Fluges des Shuttles.

Unter Ordnungspunkt 5 finden sich die bereits erwähnten Wort- und Sacherklärungen. (Beispiele: LFT, Seth-Apophis, Terrania, Transmitter, Trojanisches Pferd [sic!])

"STARDUST: Name des Raumschiffs, mit dem Perry Rhodan und die anderen Genannten 1971 angeblich [sic!] auf dem Mond landeten. Mit der Schilderung dieser Mondlandung begann vor 20 Jahren die PR-Serie." (S. 116) 

Das Wort "angeblich" ist hier völlig unangemessen, bezieht sich diese Beschreibung doch auf eine fiktive Romanhandlung in der Vergangenheit (Ausgangszeitpunkt: 1982), die sich von der realen Vergangenheit unterscheidet, was hier wohl betont werden soll. "Angeblich" jedoch passt hier überhaupt nicht. Dies drückt aus, die Autoren würden behaupten, es sei tatsächlich so geschehen. Das ist schon deshalb nicht möglich, weil die betreffenden Romane über das Jahr 1971 schon 1961 verfasst wurden. 

Zur Verdeutlichung: Es lässt sich sagen, dass Karl May in einer bestimmten Phase seines Lebens angeblich Old Shatterhand war, weil er während der "Old Shatterhand Legende" sein eigenes Leben und das des Romanprotagonisten gleichsetzte. Dies ist ein Sonderfall der Vermischung von Fiktion und Realität. Es wäre aber unangemessen, z. B. zu behaupten, in den Achtziger Jahren habe es "angeblich" eine künstliche Intelligenz gegeben, die ein Fahrzeug selbstständig steuern konnte und dabei Bezug auf die Handlung der fiktiven US-Serie "Knight Rider" (1982-1986) zu nehmen. Richtig wäre in solchen Fällen eine Formulierung wie "in der fiktiven Serienhandlung".

Es folgen unter Ordnungspunkt 6 einige Begriffe aus dem Perry Rhodan Lexikon. (Hyperkom, Hyperonen, Hyperraum, Lichttheorien, Linearflug, Linearraum, Zeitreise, Zellaktivator) Dieser Abschnitt ist mit "6.1. Begriffe zwischen Science und Fiction" überschrieben. Unter "6.2. Helden werden vorgestellt" folgen Biographien von Perry Rhodan, Reginald Bull und Julian Tifflor.

Der zweite Teil des Leseheftes ist mit "Materialien" überschrieben. Unter I. findet man hier "Perry Rhodan: Produktion und Produkte". Eine Auflistung der Auflagen (zu jener Zeit 4), der Buchausgabe, der ausländischen Lizenzausgaben findet sich in diesem Kapitel. Eine Zahlen zu monatlichen Auflagen und Gesamtauflage runden das Bild ab. Interessanterweise fehlen Hinweise auf die unter dem Label "Atlan" vertriebenen Produkte (zu jener Zeit zwei Auflagen wöchentlich) sowie die Perry Rhodan Taschenbücher (zu jener Zeit drei Auflagen monatlich). Dafür wird der Perry Rhodan Service (Vertrieb von Merchandise-Artikeln wie Sammelmappen, Lexikon und T-Shirt) ausführlich dokumentiert. Ein Unterpunkt "Wie ein Heft entsteht" informiert über die Exposéarbeit und die Arbeitsbedingungen der Schriftsteller. 
Unter Punkt II finden sich "Urteile über die Perry Rhodan Serie". Während zunächst eine Verlags(werbe)broschüre zitiert wird, wird anschließend ein Leserbrief abgedruckt. ("Bevor ich anfange, die negativen Seiten von PR aufzuzeigen, muss ich sagen, dass ich die Heftchenform für keinen Nachteil halte.", S. 131) Einen bestimmten ideologischen Gehalt möchte der anschließend zitierte Kritiker in der Perry Rhodan Serie sehen: 
"Da Opponenten von vornherein entweder als machtgierige Wahnsinnige, weltfremde Spinner oder asoziale Kriminelle dargestellt werden, entledigt man sich ihrer, indem man sie kurzerhand zu einem anderen Planeten deportiert, [...]. Natürlich überlässt man die Rebellen dort nicht sich selbst, sondern lässt die von Angehörigen des Staatssicherheitsdienstes [sic!] überwachen. KZs [sic!] im All also."
Das Zitat lässt deutliche Rückschlüsse auf die Qualität der Aussagen dieses Kritikers zu. Eine Deportation von Oppositionellen (welche ein Attentat auf den Regierungschef planten) findet in Band 57 aus dem Jahre 1962 statt. Eine solche Schilderung ist sicher keine Sternstunde, aber Sträflingskolonien haben durchaus historische Parallelen. Die Verwendung der (ihrem jeweiligen historischen Kontext entrissenen) Begriffe Staatssicherheitsdienst und KZ in diesem Zusammenhang ist bestenfalls eine Geschmackslosigkeit zu nennen, jedenfalls völlig überzogen und mit der PR Handlung nicht konform. Die Perry Rhodan Serie der frühen Achtziger wurde im Übrigen vom starken Humanismus des Exposéautors William Voltz getragen und unterschied sich von der der Sechziger. Ein berechtigter Vorwurf eines zeitgenössischen Kritikers wäre etwa die Kritik an Voltz' Handlungsansatz gewesen, kriminelle Tendenzen bei Individuen pränatal auszumerzen, eine Vorstellung, die bei den Lesern auf herbe Kritik stieß und alsbald fallengelassen wurde.
Unter Punkt III "Die Leser" folgen noch einige Statistiken und ein Artikel über das "Fandom". Punkt IV bringt Ausschnitte aus anderen Werken der Science Fiction- bzw. Anti-Utopischen Literatur, namentlich "Von der Erde zum Mond" von Jules Verne und George Orwells "1984".
Punkt V bringt einen Zeitungsartikel "Zurückhaltung gegen über grünen Männchen" und zwei Artikel über Computertechnik, womit der Bogen zum Inhalt der beiden Romane geschlagen wird. Die Überschrift lautet "V. Science Fiction oder Wirklichkeit?".

Die Einbringung populärer Kultur in den Literaturunterricht, heute sehr verbreitet, war damals keineswegs selbstverständlich. Insofern ist das Leseheft ein lobenswerter Ansatz. Leider wähnt man sich ob der vielen Statistiken eher im Soziologieunterricht. Die Expertenmeinung des Literaturkritikers fällt ein Pauschalurteil über die Perry Rhodan Serie, das mit der Realität der Sechziger kaum, mit der der Achtziger aber rein gar nicht zu tun hat.

Ein guter Lehrer sollte in den Achtzigern in der Lage gewesen sein, anhand des Leseheftes eine gelungene Unterrichtseinheit aufzuziehen, vielleicht gerade auch unter kritischer Betrachtung der Materialauswahl und unter Einbringung weiterer Materialien. Übrigens gab es auch eine Lehrerversion des Heftes, die heute aber kaum noch zu bekommen sein dürfte.

Mittwoch, 27. Juli 2016

Derrick Folge 10: Hoffmanns Höllenfahrt

Derrick Folge 10:
Hoffmanns Höllenfahrt (1975)
Der Fernsehtechniker Richard Hoffmann (Klaus Löwitsch), bis dato ein unbescholtener Bürger, vergewaltigt und tötet die Tochter seines Nachbarn, Anneliese (Ingrid Steeger), der er eines Tages nachts auf der Landstraße begegnet. Die junge Frau ist auf dem Rückweg von einer Feier, alkoholisiert und mit dem Fahrrad unterwegs. Als tags darauf ihre Leiche auf einer Müllkippe gefunden wird, ermitteln Oberinspektor Derrick und Inspektor Klein. Ein Zeuge (Willy Schäfer) liefert wertvolle Hinweise. In den Fokus gerät alsbald Hoffmann, der sich zunehmend seltsam verhält und sehr gestresst wirkt.
Wie alle frühen Derrick-Folgen richtet sich Hoffmanns Höllenfahrt nicht nach dem Whodunit-, sondern nach dem Columbo-Schema, bei dem der Täter von Anfang an bekannt ist. Die Wandlung des Allerweltsmenschen Hoffmann zum Schuldigen wird von Krimiroutinier Klaus Löwitsch überzeugend dargestellt. Etwas blass bleibt Judy Winter in der Rolle seiner Ehefrau. Dass die Ehefrau ihrem Gatten "Probleme mit Frauen" andichtet (wohl aufgrund von Seitensprüngen, jedenfalls nicht wegen vorhergehender Delikte) wirkt etwas befremdlich. Hier soll wohl dem Eindruck des Biedermannes, der zum Täter wird, entgegengewirkt werden, indem Hoffmann als prädestinierter Verbrecher hingestellt wird. Dem steht der Tathergang entgegen. Hoffmann scheint sich zunächst gegen das Sexualdelikt zu sträuben, sich dann aber einzureden, das Gerede Annelieses im alkoholisierten Zustand als Avancen zu interpretieren. Das Tötungsdelikt geschieht ohne direkten Vorsatz, wenngleich ein Mordmerkmal (die Tat geschieht zur Verdeckung einer Straftat) vorliegt. Über einen Eventualvorsatz (billigendes Inkaufnehmen des möglichen Todes des Opfers) kann man allerdings streiten.
Ein Problem der Folge liegt in der fehlenden Darstellung wissenschaftlicher Ermittlungsarbeit. Auch in den Siebzigern sollte es möglich gewesen sein, ein Auto kriminaltechnisch zu untersuchen, um festzustellen, ob ein (bestimmtes) Fahrrad im Kofferraum gelegen hat. Lackkratzer und dergleichen geben Aufschluss, ebenso Schmutz. Geradezu schlampig wirkt der Umstand, dass man nicht intensiver nach dem Fahrrad sucht und dass der Einsiedler nicht gefunden wird. Es wäre für die Geschichte vielleicht besser gewesen, Hoffmann seinen anfänglichen Vorsatz, den Einsiedler zu töten, ausführen zu lassen, dann hätte jedenfalls ein Mord vorgelegen. Die Schlussszene wirkt sehr gewollt, um zu einem gerüttelt Maß an Action und zu einem dem Titel gerecht werdenden Ende zu kommen und ist sehr unrealistisch. Derrick hätte sein Ziel auch im Verhörraum erreichen können. Handwerklich überzeugend ist die Szene aber allemal, Derrick-Zuschauer, die nur die Folgen der Neunziger kennen, würden ihren Augen nicht trauen.
Fazit: Unterhaltsam. Eine bessere Bearbeitung des Themas liefert die Kommissar-Folge "Mit den Augen des Mörders".

Montag, 7. September 2015

Perry Rhodan 116: Duell unter der Doppelsonne

Der Roman von K. H. Scheer rundet die Handlung um Perry Rhodans abtrünnigen Sohn Thomas Cardif ab, der die Position Perry Rhodans übernommen hat. Es handelt sich um eine Ich-Erzählung aus der Sicht von Scheers Lieblingsfigur Atlan.
Während Perry Rhodans Mitarbeiter, unter ihnen der Ewige Zweite Reginald Bull und Abwehrchef Allan D. Mercant die körperliche monströse Veränderung ihres vermeintlichen Chefs und dessen absurde Verhaltensweisen zwar merkwürdig finden, aber keinerlei Verdacht schöpfen, fällt es Atlan zu, den Betrug aufzudecken.
Die körperliche pathologische Veränderung des falschen Rhodan geht auf den Zellaktivator zurück, der auf die Individualschwingungen des echten Rhodan abgestimmt ist. Cardif hat sich diesen beim Geistwesen ES beschafft, das natürlich keinen Augenblick lang über die Identität seines Besuchers getäuscht wurde.
Eine  Person wird durch einen Doppelgänger ausgetauscht, ohne dass in deren Umgebung jemand etwas merkt. So etwas ist eigentlich ein Micky Maus- oder Seifenopern-Plot. Dementsprechend gibt es einige Logiklöcher: Wenn der Chef sich absurd verhält, seine Mitarbeiter permanent beleidigt und seine komplette bisherige Politik über den Haufen wirft und man dies auf eine augenscheinliche schwere Erkrankung zurückführt, warum setzt man ihn nicht ab? Selbst im Rahmen des Kriegsrechts sollte in Demokratien eine solche Möglichkeit bestehen. 
Wie auch in der Jahre später entstandenen Star Trek Episode "Turnabout Intruder" wird hier die Hörigkeit militärischer Offiziere gegenüber ihrem Befehlshaber auf die Spitze getrieben. Offenbar wurde dies in den Sechzigern als ein generelles Problem mititärischer Hierarchie angesehen. 
Von der übertriebenen Beweihräucherung des echten und falschen Perry Rhodan abgesehen gelingt Scheer hier ein sehr gutes Atlan-Abenteuer mit manchen Anspielungen auf frühere Episoden. Der Satz "Das Wasser ist nass" aus dem frühen Scheer-Roman "Der Einsame der Zeit" hat jüngst sogar Aufnahme in den 2800. Band gefunden. Die Überreichung des Zellaktivators an seinen rechtmäßigen Besitzer ist zudem eines DER Ereignisse der PR-Historie.

Dienstag, 28. Juli 2015

Perry Rhodan 211: Geheimwaffe Horror

Titelbild und Untertitel des Romans zeigen es bereits überdeutlich, so dass es später, wenngleich sorgfältig vorbereitet, nur für die Protagonisten zur schockierenden Überraschung wird, nicht aber für die Leser: Es geht, mit Swift gesprochen, in das Land Liliput. ("Ihre Umwelt und sie selbst werden ums Tausendfache verkleinert - es ist das Werk des Potenzialverdichters") Das Titelbild geht, wie von Bruck gewohnt, etwas großzügig mit den Dimensionen um.
Die CREST II befindet sich im Leerraum zwischen den Galaxien im Horror-System, wo man dem Inneren der künstlichen Hohlwelt Horror glücklich entkommen ist und nun auf Nachschub in Form des Experimentalschiffes ANDROTEST II wartet.
Hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise kommt es zu einem durchaus ernsthaften Zerwürfnis zwischen Perry Rhodan und Atlan, da der Terraner in gewohnter Weise die Erkundung der Oberfläche Horrors anstrebt, während Atlan zur Vorsicht mahnt. ("Unsere Blicke trafen sich. Zwischen mir und dem hageren Terraner war es zum ersten Mal seit unserer Bekanntschaft [sic!] zu einer ernsthaften Verstimmung gekommen.")
Während die CREST II Kurs auf Horror nimmt, begeben sich Atlan, der Haluter Icho Tolot und Sergeant Miko Shenon an Bord einer Space-Jet.
Es kommt, wie es kommen muss: das Flottenflagschiff geht in die Verkleinerungsfalle. Das Mysterium der "veränderten" Oberfläche Horrors, die Erkundungen der Terraner und die Konfrontation mit den drei normalgroß gebliebenen zur Rettung eilenden Nachzüglern werden ansprechend geschildert, Höhepunkt ist der Transport der CREST II auf den Schultern Icho Tolots. Negativ ins Gewicht fallen, wie immer bei Scheer, die Terraner-Lobhudeleien Atlans am Anfang des Romans. Diese sind um so ärgerlicher, da Atlan eine andere Position vertritt und seine angemahnte Vorsicht sich später als der potentiell korrekte Weg herausstellt.